Breitensport im BDR in der Corona-Krise - «Wir hoffen auf grünes Licht»
Frankfurt (rad-net) - Peter Koch ist stellvertretender Präsident im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und auch für den Breitensport verantwortlich. In nachfolgendem Interview erzählt er über die Situation des Breitensports in Zeiten der Corona-Krise: über verschobene Veranstaltungen, Neuorientierung und die Hoffnung auf Jedermann-Veranstaltungen noch in diesem Sommer.
Das Wetter ist schön, die Leute nutzen das Rad. Wie sehr trifft es Sie, dass es derzeit keine organisierten Breitensport-Veranstaltungen im BDR gibt?
Koch: Zunächst können schönes Wetter und viele radfahrende Menschen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns nach wie vor in einer Situation befinden, die eine besondere gegenseitige Rücksichtnahme und angepaßtes Verhalten erfordert. Im BDR sind rund 2500 Vereine organisiert - ein Großteil davon auf den Breitensport ausgerichtet. Deren Jahresplanung für 2020 ist nahezu vollständig durcheinandergeraten. Bis weit ins 3. Quartal hinein kann möglicherweise keine der geplanten Veranstaltungen durchgeführt und auch an keinen Veranstaltungen anderer Vereine teilgenommen werden. Das schmerzt und hat möglicherweise auch wirtschaftliche Folgen für die Vereine.
In einigen Bundesländern gibt es die ersten Lockerungen. Denken Sie,
dass kleinere Jedermanntouren bald wieder möglich sind, wenn die Fahrer
entsprechend Abstand halten?
Koch: Wir haben im Hinblick auf die Gespräche zwischen Bund und Ländern
dem DOSB Empfehlungen zur Durchführung von Radsportveranstaltungen gegeben und
hoffen wie ganz Sportdeutschland jetzt auf grünes Licht. Hierbei wird wohl nicht
nur der Abstand zu den Sportlern allesentscheidend sein, sondern es müssen auch
Regeln eingehalten werden die mit der Veranstaltungsorganisation zu tun haben
wie bspw. einem umfassenden Hygienekonzept etc. Ich bin optimistisch, dass unter
diesen Voraussetzungen Radtourenfahren, Countrytourenfahren, Radwandern,
Marathons und Jedermannrennen noch im Verlauf des Sommers möglich sind.
Die Bundesregierung hat die Empfehlung rausgegeben, Großveranstaltungen bis 31. August zu unterbinden. Der BDR wollte dazu konkrete Angaben. Wie weit sind Sie da mit Ihren Gesprächen? Denn es ist ja sehr wohl ein Unterschied, ob 100 Leute mit Abstand Rad fahren, oder 5000 in einem Stadion sitzen.
Koch: Die Empfehlungen der Bundesregierung haben natürlich Auswirkungen auf alle in diesem Zeitraum geplanten Großveranstaltungen - und zwar unabhängig davon, ob mit hunderten Teilnehmern oder tausenden Zuschauern gerechnet wird - und es ist auch kaum zu erwarten, dass die Genehmigungsbehörden von dieser Linie abweichen. Hierunter fällt bedauerlicherweise auch die MTB-Weltmeisterschaft in Albstadt. Soweit es die Terminsituation erlaubt, werden wir im Einvernehmen mit den Ausrichtern und den betroffenen Kommunen Ersatztermine suchen.
Gerade in der Corona-Krise wird der Individualsport wichtig. Welche Argumente können Sie anführen, dass die Leute sich danach wieder dem organisierten Sport zuwenden, sprich, das vielfältige Angebot des BDR zu nutzen und einem Verein beizutreten?
Koch: Radfahren ist und bleibt unabhängig von der gegenwärtigen etwas schwierigen Situation eine der beliebtesten freizeitsportlichen Aktivitäten in Deutschland. Das ist gut so und soll in jedem Falle auch so bleiben! Die Vielfalt des Radfahrens vom Laufrad bis zum Profisport lernt man am ehesten in einem Verein kennen. Und um für sich die geeignete Sportdisziplin auszuprobieren und das passende Rad zu finden und zu testen, ist man in einem Verein am besten aufgehoben. Für mich gilt nach wie vor: "Radfahren ist im Verein am schönsten!"
Die Premiumserie Marathon-Cup Deutschland konnte noch keine Veranstaltung durchführen. Ist der Cup damit in diesem Jahr gestorben?
Koch: Gestorben ist der Cup ja nicht. Fakt ist jedoch, dass aufgrund der noch geltenden Vorgaben des Bundes und der Länder zu Sportveranstaltungen wir bis in den September reichende Absagen erhalten haben, so dass wir durchaus gezwungen sein könnten, in Kürze entsprechende Überlegungen anzustellen. Über die Hälfte der Marathons fallen in den von Einschränkungen betroffenen Zeitraum, so daß eine Fortführung zu derart reduzierten Startmöglichkeiten wenig Sinn machen würde. Wie ausgeführt wird die Breitensport-Kommision demnächst hierüber sich beraten und entscheiden.
Die UCI hat gerade einen neuen Kalender veröffentlicht. Danach beginnen die WorldTour Rennen am 1. August. Wann wird es wieder Breitensport-Veranstaltungen im BDR geben?
Koch: Unabhängig von den weltweiten Entwicklungen im Leistungs- und Profiradsport hoffen wir Breitensportler darauf, dass die Genehmigunsbehörden im Spätsommer/Frühherbst wohlwollend und zu erträglichen und für Vereine leistbaren Durchführungsbestimmungen Genehmigungen kurzfristig erteilen.
Wird es seitens des BDR nach der Krise besondere Aktionen geben, die Jedermänner wieder organisiert aufs Rad zu bringen?
Koch: Die Genehmigungsproblematik betrifft natürlich auch die Jedermannveranstaltungen. Uns gemeinsam ist zu wünschen, dass wir alle in der Radsportfamilie bald wieder in der Gemeinschaft aufs Rad steigen können und schnellstmöglich das Krisengefühl des ersten Halbjahres einem Lustgefühl auf mehr Rad Platz macht.
Wie oft sind Sie in den letzten Wochen selbst Rad gefahren?
Koch: Ich bin in den letzten Wochen leider nur sehr wenig zum Radfahren gekommen, was auch damit zusammenhängt, dass die Schulen geschlossen waren und u.a. das SRB/BDR Projekt «Richtig Radfahren in der Grundschule» nicht stattfinden konnte. Wird sich aber ändern. Ich gelobe Besserung.
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